Landschaften auf tönenden Gründen, 1969-72

Der Klimawechsel im Übergang zu den “Landschaften auf tönenden Gründen” könnte deutlicher nicht sein. Das Licht hat gewechselt, die Atmosphäre, die Temperatur. Es sind tropische, fast bengalische Breitengrade, die vom Klang der Farbe evoziert werden. Um in der geographischen Metapher zu bleiben: Wir betreten hier die Welt der Antipoden, jene Gegenwelt auf der anderen Seite des Globus.

Denn um eine künstliche Gegenwelt handelt es sich auch hier. Die übliche optische Ordnung des Bildes erscheint wie umgekehrt. Wir sind gewohnt bei der Betrachtung von Malerei den Grund als einen Begleitumstand zu nehmen mit geringerer Wichtigkeit. Aufmerksamkeit erregen die Dinge, das was sich vor ihm, dem hellen und unaufdringlichen Begleiter, in der dargestellten Körperwelt manifestiert. Weiler hat selbst mit der Werkgruppe “Wie eine Landschaft” und den darauffolgenden “Neuen Landschaften” (nach 1974) die optischen Gewichte derart verteilt, dieser Logik gehuldigt. Für einmal aber kehrt er jene Bildordnung um.

Der Grund ist jetzt ungewohnt energiereich, oft auch dunkler. Wie sehr wir es mit einer Umkehrung der Farbordnung zu tun haben, wird klar, wenn wir uns der Nachtbilder zum Beispiel von Elsheimer, Le Nain oder Rembrandt erinnern. Hier geht es um die Subtraktion des Sichtbaren durch die Lichtlosigkeit, so dass schon der Schein einer Kerze genügt, den Blick auf wenige erkennbare Sachverhalte zu lenken. Weiler dagegen multipliziert das Dargestellte durch die Energie der Grundfarbe, die allein dem ganzen Gemälde eine starke Schwingung mitteilt.

Die Rede von den “tönenden Gründen” schließt eine erwünschte Doppeldeutigkeit ein. Denn “Ton” hat etwas mit der Farbe, aber auch mit der Musik zu tun. Die starken Klänge und Schwingungen dieser Bilder sprechen auf besondere Weise den inneren Sinn an. Entsprechend werden sie als besonders “künstlich” bewertet, weniger auf die äußere Wirklichkeit, mehr auf das Gefühl bezogen. Gleichwohl: auch die “Landschaften auf tönenden Gründen” sind Landschaften, d.h. sie handeln von der Natur. Weiler legt auch dann, wenn er der Farbe eine allerhöchste und affektive Steigerung mitgibt, Wert darauf, dass er “Gesehenes” darstellt. So betrachtet hat er sich von einer Malerei der Introspektion, einer surrealistischen Seelenschau zum Beispiel, ferngehalten. “Diese Machart ist nicht angekränkelt von Traum und Laune. Diese ist außer mir gefunden und mit Mühe gearbeitet, sachlich komponiert, in passende Farbe gegeben, rechtzeitig aufgehört und hat sogar den Zusammenhang mit meinen Wesen vergessen. Hat das Bild noch einen Faden zum Traum? Ich weiß es nicht mehr …” (1970).


Landschaft auf Ocker, 1969
Eitempera auf Leinwand
200 x 135 cm
Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz
Andockmanöver, 1969
Eitempera auf Leinwand
135 x 200 cm

Landschaft am Mond, 1969
Eitempera auf Leinwand
150 x 135 cm
Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien

Roter Baum, 1970
Eitempera auf Leinwand
200 x 195 cm
Sammlung der Landeshauptstadt Bregenz

Bald geht die Sonne auf, 1970
Eitempera auf Leinwand
195 x 95 cm

Roter Berg, 1970
Eitempera auf Leinwand
99 x 104 cm

Landschaft am Abend, 1971
Eitempera auf Leinwand
85,3 x 146 cm

Luft der Frühe, 1972
Eitempera auf Leinwand
100 x 100 cm

Baum, 1972
Eitempera auf Leinwand
200 x 205 cm

Morgendliche Gegend, 1973
Eitempera auf Leinwand
200 x 200 cm

Mit gelben Hügeln und Purpurhimmel, 1973
Eitempera auf Leinwand
115 x 160 cm